- Hildebrandslied
- Hịldebrandslied,einziges althochdeutsches Beispiel eines germanischen Heldenliedes; erhalten sind 68 nicht immer regelmäßig gebaute stabgereimte Langzeilen in einer althochdeutsch-altsächsischen Mischsprache; der Schlussteil fehlt. Die tragische Begegnung des aus der Verbannung heimkehrenden Hildebrand mit seinem ihn nicht erkennenden Sohn Hadubrand spielt vor dem geschichtlichen Hintergrund der Ostgotenherrschaft Ende des 5. Jahrhunderts in Italien. Der Text bricht in der Kampfschilderung ab. Der nicht erhaltene Schluss lässt sich durch den Vergleich mit dem edd. Gedicht »Hildebrands Sterbelied« rekonstruieren. Das Grundmotiv, der tragische Vater-Sohn-Kampf, findet sich auch in anderen Literaturen, z. B. im irischen Gedicht »Culainn und Conla« (9./10. Jahrhundert), im »Schah-Name« (Königsbuch) des Persers Firdausi (um 1000) und in der mittelalterlichen russischen Byline »Ilja und Sokolnik«. Das Hildebrandslied gehört zur Dietrichsage, in der das historische Geschehen (Vertreibung Odoakers) umgedeutet ist (Exil Dietrichs von Bern am Hunnenhof). Der Stil ist für die germanische Heldendichtung charakteristisch: dialogische Wechselreden mit formelhaften Einleitungen, zweigliedrige Formeln, jedoch auffällig wenig Metaphorik. - Das Hildebrandslied wurde im 4. Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts in Fulda von zwei Mönchen in karolingischer Minuskel, gemischt mit insularen Schriftformen, auf der ersten und letzten Seite einer theologischen Sammelhandschrift eingetragen. Die überlieferte Fassung geht nach Meinung der Forschung auf eine bairische Bearbeitung eines langobardischen Urliedes (Anfang des 8. Jahrhunderts ?) zurück, das u. a. aufgrund der Namensendungen »brand« erschlossen wurde. Die Handschrift wurde bis zum Dreißigjährigen Krieg in der Fuldaer Klosterbibliothek, danach in Kassel aufbewahrt; sie war nach dem Zweiten Weltkrieg verschollen; der zweite Teil des Gedichtes kam 1955, der erste Teil 1972 aus den USA wieder in die Landesbibliothek Kassel zurück.Das Jüngere Hildebrandslied, in Strophen aus vier paarweise gereimten Langzeilen abgefasst (im »Hildebrandston«), ist eine Ballade in volksliedhaftem Stil, welche die Vater-Sohn-Begegnung ohne Bezug auf einen historischen Hintergrund mit humoristisch-burlesken Zügen schildert und versöhnlich endet. Der Text ist in zwei Fassungen, einer kürzeren von 20 Strophen und einer längeren von 29 Strophen (in hochdeutscher und niederdeutscher Sprache), in Handschriften des 15. Jahrhunderts und in mehreren Drucken des 15. und 17. Jahrhunderts überliefert. Frühere Fassungen des »Jüngeren Hildebrandslieds« werden Anfang des 13. Jahrhunderts angesetzt.Ausgaben: Das Hildebrandslied. Althochdeutsch und neuhochdeutsch, herausgegeben von G. Baesecke (1945); Das Hildebrandslied. In der langobardischen Urfassung hergestellt, herausgegeben von W. Krogmann (1959); Deutsche Balladen. Vom Jüngern Hildebrandslied bis zu Günter Grass. Ausgewählt und eingeleitet von R. Schaeffer (1966); Althochdeutsches Lesebuch, herausgegeben von W. Braune, bearbeitet von E. A. Ebbinghaus (161979).H. de Boor: Kleine Schriften, Bd. 2 (1966);S. Gutenbrunner: Von Hildebrand u. Hadubrand (1976);R. Lühr: Studien zur Sprache des H., 2 Tle. (1982).Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:Hildebrandslied und die Anfänge der weltlichen Dichtung
Universal-Lexikon. 2012.